Eibe: 2 Gestaltungsideen und eine Umsetzung
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Die Eibe (Taxus baccata) ist eines der beliebtesten Rohmaterialien im Bonsai – nicht zuletzt wegen ihrer Schnittverträglichkeit, Langlebigkeit und dem immergrünen, feinen Nadelkleid. In diesem Beitrag zeigen wir dir anhand eines konkreten Ausgangsmaterials zwei Gestaltungsrichtungen – und eine finale Umsetzung, die das ganze Potenzial des Baums sichtbar macht.
Ausgangsmaterial: Vital und vielseitig
Der Baum zeigt eine aufrechte Grundform mit dichtem Austrieb im oberen Bereich. Besonders spannend: Es handelt sich um einen echten Doppelstamm (Sokan), bei dem beide Triebe aus einer gemeinsamen Wurzelbasis entspringen. Der Nebensatz ist schlanker, was eine gute Grundlage für Hierarchie und Harmonie bietet.
Idee 1: Shakan (geneigter Stil)
Die aufrechte Struktur des Hauptstamms lässt sich hervorragend in einen geneigten Stil überführen. Durch Drahten wird der Stamm in eine leichte Schräglage gebracht. Die oberen Triebe können selektiv ausgelichtet und in Etagen angeordnet werden. Der Nebenstamm bleibt in dieser Variante zurückhaltend oder wird später zu Jin verarbeitet.
Eingriffe: Drahten, Auslichten, Astabspannung, evtl. Jin-Reduktion des Nebenstamms.
Idee 2: Literatenstil (Bunjingi)
Radikaler und künstlerischer: Der Literatenstil lebt von Reduktion. Der Baum wird auf das obere Drittel reduziert, der Stamm stark gedrahtet und geformt. Der Nebenstamm wird komplett entfernt oder als Jin erhalten. Diese Gestaltung lebt vom Kontrast zwischen Stammbewegung und minimalem Nadelvolumen.
Eingriffe: Starker Rückschnitt, Formdraht, Jin-Technik, Wurzelschnitt für eine schmalere Schale.
Die Umsetzung: Windgepeitschter Doppelstamm (Fukinagashi)
Die Entscheidung fiel auf eine dynamische, erzählerische Variante: den windgepeitschten Stil. Dabei wurden beide Stämme in eine Richtung gedrahtet und gebogen, sodass sie wie vom Wind geformt erscheinen. Die Aststruktur wurde reduziert und in Flussrichtung angeordnet. Das Ergebnis wirkt natürlich, spannungsvoll und sehr lebendig.
Idee:
Umsetzung:
Eingriffe: Drahten beider Stämme, selektives Entfernen gegenläufiger Äste, Formgebung der Krone, Option auf Jin und Shari.
Fazit:
Die Eibe bietet selbst in frühem Rohzustand enormes Gestaltungspotenzial. Ob elegant geneigt, reduziert oder expressiv – entscheidend ist, den Charakter des Materials zu lesen und mit gezielten Eingriffen zu unterstreichen.
Wenn du bei der Umsetzung Hilfe brauchst oder Draht, Werkzeuge & Substrat suchst – schau gern im Bonsai Studio vorbei 🌿